Görlitz 2030 Klimaneutral: Gutes Ziel, ambitionierte Akteure, aber wenig Kommunikation und konkrete Maßnahmen. Ein Bericht

Joachim Schulze, Stadtrat und Kreisrat für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kurzbericht und Kommentar von Prof. Dr. Joachim Schulze, Stadtrat für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Fraktion Bürger für Görlitz, Kreisrat für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Fraktion BÜNDNISGRÜNE-SPD-KJiK  

Im Rahmen seines Programms für die Oberbürgermeisterwahl hatte Octavian Ursu das ehrgeizige Ziel einer Klimaneutralität unserer Stadt für das Jahr 2030 ausgerufen. Das wäre sehr viel früher als das Ziel der Bundesregierung, die 2045 „anpeilt“.

Einladung zur Podiumsdiskussion

Wie steht es nun darum, die Zeit läuft ja. Der für Görlitz zuständige bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete Kassem Taher Saleh hatte im Rahmen seiner Sommertour durch Sachsen am Donnerstag eingeladen zu einer gut besuchten Diskussionsrunde im Soziokulturellen Zentrum Werk Eins/Rabryka.

Seine Gäste auf dem Podium zum Thema „Görlitz klimaneutral 2030“ waren:

  • Octavian Ursu (CDU), Oberbürgermeister der Stadt Görlitz
  • Dr. Stefanie Rößler, Interdisziplinäres Zentrum für transformativen Stadtumbau
  • Sacha Caron, Vertriebsleiter der Stadtwerke Görlitz
  • Janet Conrad, Arbeitskreis Görlitz nachhaltig und Sprecherin des Stadtverbandes von Bündnis 90/Die Grünen
  • Amanda Neumann, A-Team Görlitz

Es begann mit individuell zugeschnittenen Fragen, die Kassem Taher Saleh den Podiumsgästen stellte und die um die jeweils persönliche Sicht auf das für Görlitz angestrebte Ziel, auf Fragen der Nachhaltigkeit und im weiteren Sinne der Stadtentwicklung stellte.

Anschließend beteiligte sich das Publikum rege mit Fragen, Kritik, Vorschlägen und Stellungnahmen.

Ich habe mir keine Notizen dazu gemacht und kann deshalb die einzelnen Positionen nicht nachzeichnen. Aber hier thesenartig meinen Eindruck und einige Schlußfolgerungen mitteilen.

Engagierte Akteure, aktive Netzwerke

Thema und Ziel bewegen einen Teil der Stadtgesellschaft sehr und wir können inzwischen auf eine sich weiter entwickelnde vernetzte Struktur von Akteuren dazu zurückgreifen, beispielsweise AK Görlitz nachhaltig, Bürgerräte, A-Team, Familienbüro, Second Attempt, Stadtwerke, OB und Stadtverwaltung, einzelne Stadträte, Zentrum für transformativen Stadtumbau.

Man bekennt sich zu dem Ziel, das als sehr ehrgeizig eingeschätzt wird und gewisse Zweifel an der Realisierbarkeit bis zu dem im Raum stehenden Datum hervorruft.

Unkonkreten Maßnahmen, unklare Kommunikation

Es gibt das Bedürfnis nach Klärung, wie das Ziel und mit welchen Maßnahmen /Schritten erreicht werden kann. Der Wunsch besteht, dass die Vermittlung in die Stadtöffentlichkeit verbessert wird. Es muss deutlich werden, wie sich Maßnahmen auswirken im Erleben und im Alltag der Menschen. Was haben sie davon? Nach wie vor sind Ergebnisse, die es bereits gibt oder deren Realisierung ansteht (z.B. Modernisierung der Straßenbahn und ihrer Haltestellen, Barrierefreiheit am Bahnhofsüdausgang) nicht überall bekannt.

Ich denke, wie müssen uns hier „ehrlich machen“, was eine Operationalisierung des Zieles „2030“ angeht. Mein Vorschlag wäre, einen Maßnahmenkatalog analog zu dem, was wir im Rahmen der Zertifizierung zum European Energy Award schon leisten seit Jahren, für dieses Ziel aufstellen und nach Beratung vom Stadtrat verabschieden. Das schafft mit Klarheit auch für Haushaltsdebatten.

Es werden Schritte sein, die erfolgreich bis dahin gegangen wurden. Der „realistische“ Zielerreichungsgrad ist zu klären. Insgesamt handelt es sich um eine komplexe Stadtumbaumaßnahme bei der die Kommunale Wärmeplanung – die mehrfach erwähnt wurde – ein wichtiger Teil ist, aber nicht alles umfasst. Weitere Themen sind energetische Sanierung im Bestand sowohl der privaten als auch der öffentlichen Gebäude. Neuorientierung des Verkehrs, Klimaanpassung, Nachhaltigkeitsmanagement, demografischer Wandel.

Klimaneutrales Görlitz als Attraktivitätsfaktor

Insgesamt wird eingeschätzt, dass das ausgerufene Ziel die Attraktivität der Stadt in der Außenwahrnehmung und bei der Entwicklung persönlicher Zuzugs- oder Bleibeperspektiven steigert. Allerdings muss eine Umsetzung auch für Nichtinsider im Alltagsleben erfahrbar sein. Man muss es sehen und spüren.

Ein Bericht von Prof. Dr. Joachim Schulze, 20.07.2023

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